Kann man im Schlaf lernen? Wir klären auf
Leben ist lernen. Umso schöner, dass Schlaf beim Lernen eine große Rolle spielt. Damit unser Gedächtnis neue Informationen festigen kann, müssen wir bestimmte Schlafphasen durchlaufen. Im Schlaf lernen wir nicht nur neue Vokabeln, sondern es werden auch bestimmte Bewegungsabläufe, wie etwa das Spielen eines Musikinstruments, von unserem Gehirn dauerhaft abgespeichert. Wir verraten Ihnen, warum die Tiefschlafphase für das Lernen im Schlaf entscheidend ist und wie Sie Ihr Gehirn optimal unterstützen können, um zum Beispiel schneller eine neue Sprache zu lernen.
Lernen im Schlaf: Funktioniert das?
Im Schlaf lernen klingt für viele wie ein Traum. Wer von uns möchte nicht besonders entspannt und ohne viel Anstrengung neue Dinge wie beispielsweise eine Fremdsprache lernen? In der Realität ist es für die meisten Menschen sehr mühsam, sich neue Informationen anzueignen und diese dauerhaft zu behalten. Wie viele Vokabeln sind etwa von Ihrem Schulfranzösisch noch übriggeblieben, obwohl Sie mehrere Jahre lang gepaukt haben? Oder können Sie jetzt noch die komplizierten Gleichungen aufstellen, die man Ihnen im fortgeschrittenen Mathematikunterricht beigebracht hat? Unserem Gehirn geht es bei Erlerntem vor allem um Effizienz, und so vergessen wir Gedächtnisinhalte und ungenutzte Informationen schnell wieder, wenn wir sie nicht brauchen. Auch wenn wir uns damals sehr anstrengen mussten, um diese zu erlernen. Es erscheint daher zu schön, um wahr zu sein, dass wir in Zukunft vor einer Prüfung nichts weiter tun brauchen, als uns für ein Nickerchen hinzulegen, und schon wachen wir mit perfektem Business-English auf. Aber was sagen Schlafforscher zu diesen traumhaften Vorstellungen und welche Möglichkeiten eröffnet uns das Lernen im Schlaf tatsächlich?
Wie unser Gehirn im Schlaf lernen kann
Guter Schlaf erneuert unsere Energie und beim Aufwachen fühlen wir uns erfrischt und bereit für die Herausforderungen des neuen Tages. Doch inzwischen wissen Neurowissenschaftler, dass Schlaf viel mehr ist als ein Regenerationsprogramm für unseren Körper. Auch wenn dieser beim Schlafen hochaktiv ist, etwa neue Immunzellen bildet oder das Muskelwachstum anregt, steht ihm unser Gehirn je nach Schlafphase in nichts nach. Gerade im Tiefschlaf ist unsere Hirnaktivität stark erhöht. Doch warum ist das so und woher wissen wir überhaupt, was beim Lernen im Schlaf passiert?
Versuche mit modernen Bildgebungsverfahren, die die Aktivität des Gehirns sichtbar machen, haben Wissenschaftlern erlaubt, nächtliche Gehirnaktivitäten besser zu verstehen. Sobald ein Proband im Wachzustand eine neue Erfahrung macht, etwa neue Vokabeln lernt oder ein neues Stück auf der Gitarre übt, leuchtet eine bestimmte Hirnregion auf. In der Nacht leuchtet dieselbe Region in den Tiefschlafphasen erneut auf. Ist Schlaf also die beste Lernmethode? Auf jeden Fall ist er für die Gedächtnisbildung unumgänglich. Anders ausgedrückt: Schlaf gehört zu jedem Lernprozess dazu.
Das Lernen ist also nicht bereits dann abgeschlossen, wenn wir das Vokabelheft aus der Hand legen, sondern erst, nachdem wir eine Nacht geschlafen haben.
Sprachen lernen im Schlaf: Wie wandern Vokabeln ins Langzeitgedächtnis?
Das Gehirn lernt im Schlaf, während wir uns erholen. Jedoch wirkt sich unsere Nachtruhe anders auf das Kurzzeitgedächtnis als auf das Langzeitgedächtnis aus. Neu Erlerntes wird zunächst im Kurzzeitgedächtnis abgespeichert. Wenn Sie also im Sprachkurs neue Italienisch-Vokabeln für Ihren geplanten Sommerurlaub in der Toskana erlernen, gelangen diese neuen Inhalte nicht sofort in den Langzeitspeicher, sondern wandern zunächst in den Hippocampus, der als Zwischenspeicher fungiert. Erst in der Nacht, wenn Sie die Tiefschlafphase Ihres Schlafzyklus erreichen, befasst sich Ihr Gehirn erneut mit den gelernten italienischen Wörtern, die der Hippocampus tagsüber zwischengespeichert hat. In einem Prozess, den man Gedächtniskonsolidierung nennt, werden unwichtige Informationen (zum Beispiel was Sie zu Mittag gegessen haben) gelöscht und wichtige Dinge (Un cappuccino, per favore!) ins Langzeitgedächtnis übertragen.
Doch nicht alles am Tag Gelernte wird von Ihrem Gehirn gleich behandelt. Während Fremdsprachen beispielsweise im deklarativen Gedächtnis gespeichert und während der Tiefschlafphase gefestigt werden, spielt für andere Lerninhalte die REM-Schlafphase eine entscheidende Rolle. Während wir uns im Traumschlaf befinden, wird neu Erlerntes gefestigt, das sich in unserem prozeduralen Gedächtnis befindet. Hier werden motorische Fähigkeiten abgespeichert. Das können neue Bewegungsabläufe wie etwa bestimmte Akkorde beim Gitarre spielen sein oder aber ein neuer Karate-Schlag, den wir im Selbstverteidigungskurs gelernt haben. Vielleicht haben Sie als Hobby-Musiker schon selbst die Erfahrung gemacht, dass Sie ein neues Musikstück viel leichter spielen können, nachdem Sie eine Nacht geschlafen haben.
Besserer Lernerfolg: Kann ich mein Gehirn beim Lernen im Schlaf unterstützen?
Lernen im Schlaf läuft vor allem unterbewusst ab. Aber kommen Sie deswegen nicht auf die Idee, sich nachts Videos mit langen Vokabellisten anzuhören, während Sie schlafen. Gedächtnisbildung ist zwar sowohl bewusst wie (teils) unbewusst möglich, jedoch ist noch unklar, was es für Folgen hat, wenn wir uns im Schlaf permanent mit Informationen berieseln lassen. Langfristig kommen Sie also nicht darum herum, den Lernstoff tagsüber zu üben und zu wiederholen – egal, ob es sich dabei um einen neuen Bewegungsablauf oder ein neues Wort handelt.
Doch durch tiefen und erholsamen Nachtschlaf können Sie Ihr Gehirn dabei unterstützen, das tagsüber Erlernte zu festigen. Denn wie effizient Ihr Gehirn nachts lernt, hängt vor allem von Ihrer Schlafqualität ab. Besonders der Schlaf unmittelbar nach der Lernerfahrung ist relevant, um Ihr Gedächtnis zu pushen.
- Kurzer Mittagsschlaf: Studien zeigen, dass ein kurzer Mittagsschlaf oder sogenannter Power-Nap die Gedächtniskonsolidierung fördern kann.
- Entspanntes Einschlafen: Die Einschlafphase ist wichtig, um Neues im Gedächtnis zu verankern. Nur wenn wir ungestört und entspannt einschlafen, können sogenannte Schlafspindeln auftreten. Dies sind bestimmte Hirnstrommuster, die während des leichten Schlafs vorkommen und während derer das Gehirn Neues abspeichern kann. Ihren Namen verdanken Sie übrigens der Tatsache, dass sie im EEG (Elektroenzephalogramm) ein Muster bilden, das an eine Wollspindel erinnert.
- Wiederholung des Gelernten am Abend: Kurz vor dem Einschlafen noch einmal für eine Viertelstunde die neuen Lerninhalte zu wiederholen, hilft der Erinnerungsleistung auf die Sprünge.